SCHEIDUNGSLEXIKON A – Z
Rechtsbegriffe im Familienrecht einfach erklärt:
ANWALTSZWANG
Was bedeutet Anwaltszwang?
Anwaltszwang – oft auch als Anwaltspflicht bezeichnet – bedeutet, dass sich die Partei (in Familiensachen auch als Beteiligte oder Beteiligter benannt) vor Gericht von einem zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen muss und selbst die eigenen Verfahrensrechte (Antragstellung, Rechtsmitteleinlegung) nicht ausüben kann.
In Verfahren mit Anwaltszwang kann somit nur ein Anwalt für die eigene Partei wirksam Prozesshandlungen vornehmen, z.B. Scheidungsantrag stellen, Anträge zu Folgesachen einreichen oder Rechtsmittel einlegen.
Für das Scheidungsverfahren besteht nach § 114 FamFG Anwaltszwang. Derjenige Ehegatte, der den Scheidungsantrag stellen lassen will, muss hierzu einen zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen.
Anwaltspflicht besteht ferner für mögliche Folgesachen sowie selbständige Familienstreitsachen. Selbständige (isolierte) Familienstreitsachen sind nach § 112 FamFG Unterhaltssachen (z.B. Verfahren auf Zahlung von Trennungs- und/oder Kindesunterhalt) und Güterrechtssachen (z.B. Klage auf Zahlung von Zugewinnausgleich).
Welche Ausnahmen gibt es vom Anwaltszwang?
Bei einvernehmlicher Scheidung ist regelmäßig nur ein Anwalt für das Scheidungsverfahren erforderlich. Dieser bestellt sich für die antragstellende Partei, während die andere Partei dem Scheidungsantrag lediglich zustimmen muss. Für die bloße Zustimmung ist kein eigener Anwalt notwendig. Vorteil: die Kosten für das Scheidungsverfahren bleiben gering und das Verfahren kann auf schnellem Wege zum Abschluss gebracht werden.
Hingegen sind bei einer streitigen Scheidung stets zwei Rechtsanwälte notwendig, da jeder Ehegatte eigene Anträge im Verfahren oder in verbundenen Folgesachen nur durch einen eigenen Anwalt stellen kann. Nachteil: die Kosten für das Scheidungsverfahren können sich erheblich verteuern, da jede streitige Folgesache den für die Abrechnung zugrunde zulegenden Gegenstandswert erhöht und ohnehin jede Partei ihren eigenen Anwalt zunächst selbst bezahlen muss. Streitige Ehescheidungsverfahren sind in der Regel mit einer Verfahrensdauer von 1-4 Jahren verbunden.
Die Vertretung beider Ehegatten durch nur einen Anwalt ist nicht möglich.
Gesetzliche Regelung in § 114 FamFG:
§ 114 Vertretung durch einen Rechtsanwalt; Vollmacht
(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(3) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.
(4) Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht
- im Verfahren der einstweiligen Anordnung,
- in Unterhaltssachen für Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind,
- für die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrages und für den Widerruf zur Zustimmung zur Scheidung,
- für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung,
- im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe,
- in den Fällen des § 78 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie
- für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Absatz 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die Erklärung zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 sowie nach § 19 Absatz 2 Nummer 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes.
(5) Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.
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